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Lokalgruppe:Darmstadt
Kontakt
Wir sind eine wachsende Gruppe von derzeit ca. 10 Menschen, die in Darmstadt (und darüber hinaus) etwas bewegen wollen. Wir organisieren Demos, Veranstaltungen und Aktionen, sprechen mit der Presse, bringen unsere Position in verschiedenen Bündnissen ein und sind mit vielen anderen Gruppen vernetzt.
Sichere Fluchtwege
Keine Abschiebungen
Bewegungsfreiheit für alle
Entkriminalisierung der Seenotrettung
Ende der mörderischen EU-Abschottungspolitik
menschenwürdige Aufnahme aller geflüchteten Menschen
dass Darmstadt ein wirklich sicherer Hafen wird
Mitmachen!
Wir treffen uns jeden Mittwochabend zu einem gemeinsamen Plenum an welchselnden Orten oder online. Im Plenum besprechen und planen wir unsere Arbeit. Wenn Du dabei sein willst, kontaktiere uns gerne über Instagram, Facebook oder via Email.
Was wir tun
Wir arbeiten in vielen verschiedenen Projekten. Aktuell sind zum Beispiel unsere Wegweiser, die Orte des EU-Grenzregimes markieren, ein wichtiges Thema.
"Places of Isolation" - Installationen:Wegweiser
Seit Mitte April 2022 stehen in Darmstadt orangefarbene Wegweiser, mit denen das Thema Flucht Aufmerksamkeit im Stadtbild bekommen soll. Neben aktuellen Krisengebieten, wie der Polnisch-Belarussischen Grenze, zeigen die Pfeile & Kilometerangaben auch auf Orte innerhalb Darmstadts, wie z.B. das hessische Abschiebegefängnis in Eberstadt. Mit der Aktion wollen wir die Zusammenhänge aufzeigen und deutlich machen, wo sich die menschenfeindliche Abschottungspolitik Europas auch bei uns in Darmstadt niederschlägt.
Die Wegweiser stehen vor dem Gastspielhaus am Riegerplatz, in Kranichstein beim Menschenskinder, gegenüber vom Café Bellevue und an der Knabenschule in Bessungen.
Im Frühjahr 2023 sind im Rahmen einer überregionalen Aktion vier Wegweiser dazu gekommen: Auf dem Gelände des Jugendhof Bessunger Forst, vor dem Café Bleu und im Schlossgarten. Der Laden Fairgn´ügt am Luisenplatz hat außerdem eine Woche lang sein Schaufenster zur Verfügung gestellt, um dort einem Wegweiser Platz zu bieten.
Folgende Orte werden durch die Pfeile markiert:
Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde und die deshalb "ausreisepflichtig" sind, können abgeschoben werden, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist selbst ausreisen. Die Bundesländer sind für den Vollzug dieser Abschiebungen zuständig. In Hessen werden die Abschiebungen von den Zentralen Ausländerbehörden, die bei den drei Regierungspräsidien (Darmstadt, Gießen, Kassel) angesiedelt sind, organisiert. Deshalb zeigt einer unserer Wegweiser-Pfeile auch auf das Regierungspräsidium Darmstadt.
Abschiebungen sind für die Betroffenen mit großer Angst und Verzweiflung verbunden, oft auch mit Gewalt. Und nicht nur für die betroffenen Menschen, sondern auch für deren Umfeld können die Abschiebungen extrem belastend sein. Wenn Menschen ausreisepflichtig sind und nicht freiwillig ausreisen, droht ihnen eine Abschiebung. Sie müssen in ständiger Angst leben, abgeschoben zu werden. Die Festnahme geschieht z.B. häufig auf der Ausländerbehörde, wenn die Betroffenen ihre Duldung verlängern möchten, aber auch zu Hause oder bei einer Kontrolle können die Betroffenen plötzlich festgenommen werden. Die Betroffenen werden dann entweder direkt zum Flughafen gebracht oder in einem Abschiebegefängnis inhaftiert.
Im Abschiebegefängnis werden nicht - wie häufig angenommen - nur Menschen festgehalten, die eine Straftat begangen haben. Denn dort können alle Menschen inhaftiert werden, die ausreisepflichtig sind und bei denen eine "Fluchtgefahr" besteht. Viele der Menschen, die in Abschiebehaft sitzen, wurden sogar zu Unrecht festgenommen. Der Anwalt Peter Fahlbusch hat z.B. zwischen 2001 und 2019 über 1.700 Menschen in Abschiebungshaft vertreten, von denen etwa 50% zu Unrecht in Haft waren.
Hinter jeder Abschiebung steckt ein Mensch mit einer eigenen Geschichte. Ein Mensch, der durch die Abschiebepolitik systematisch entwürdigt und entrechtet wird. Wir als Seebrücke Darmstadt wollen und können ein menschenverachtendes Konzept wie die Abschiebehaft nicht tolerieren. Ein Konzept, in dem Menschen gefangen gehalten werden, für das vermeintliche Verbrechen, ein Leben in Sicherheit leben zu wollen. Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der alle Meschen das Recht zu Kommen, zu Bleiben und auch zu Gehen haben.
Das hessische Abschiebegefängnis, das sich in Darmstadt-Eberstadt befindet, wurde 2018 gebaut und hat mittlerweile 80 Haftplätze. Die Geschichten, die uns seit dem von dort erreichen, sind schockierend. Durch den Wegweiser-Pfeil, der zum Abschiebegefängnis zeigt, wollen wir darauf aufmerksam machen, dass auch hier direkt in Darmstadt die menschenverachtende Abschiebepolitik stattfindet. Informationen z.B. zu bestimmten aktuellen Fällen findet ihr auf der Seite von Community for all und wenn ihr mit uns gegen das Abschiebegefängnis protestieren wollt, kommt doch zu einem der "Knastbeben" von Community for all dazu (Termine werden auf der Seite angekündigt): https://communityforall.noblogs.org/
Weitere Informationen findet ihr z.B. auch hier:
Es ist eine wesentliche Strategie der europäischen Abschottungspolitik, Geflüchtete möglichst nah an den Außengrenzen festzuhalten. Ein politischer Aspekt, der das begünstigt, sind die sogenannten Dublin-Regeln. Sie besagen, dass jener Staat, in dem Geflüchtete erstmals registriert werden, für deren weiteres Asylverfahren zuständig ist. Griechenland als einer der Grenzstaaten ist für viele Geflüchtete zuständig. Viele von ihnen werden in menschenunwürdigen Camps auf den ägäischen Inseln festgehalten. Durch die Verschleppung von Verfahren und lange Verfahrensdauer sitzen Menschen zum Teil über Jahre auf den Inseln fest. Die Lager sind darüber hinaus vielfach auf wesentliche geringere Zahlen von Menschen und auf kurze Aufenthalte ausgelegt.
Ein besonders extremes Beispiel stellt das Lager Moria auf Lesbos dar. Es war für 2800 Menschen konzipiert worden, teilweise lebten dort aber bis zu 16 000 Menschen unter katastrophalen Zuständen. Nachdem Moria 2020 bei einem Großbrand zerstört worden war, versprach die EU „No More Morias“. Tatsächlich aber bestehen die Lagerstrukturen auf den ägäischen Inseln fort. Die Lebensumstände dort sind charakterisiert durch unzureichende Nahrungsversorgung, sehr schlechte medizinische Versorgung und katastrophale hygienische Zustände. Eine besorgniserregende Entwicklung ist auch, dass es sich bei neu gebauten Camp-Strukturen (etwa auf der Insel Samos) um Hochsicherheitslager mit gefängnisartigen Zuständen handelt.
Die menschenunwürdigen Zustände in den Lagern sind gewollt und ein bewusstes Element der europäischen Abschottungs- und Abschreckungspolitik. Es handelt sich nicht um eine „humanitäre Katastrophe“, sondern um die Folgen gewollter politischer Entscheidungen. Inzwischen gibt es sogar Gerichtsurteile, die bestätigen, dass die Bedingungen in den Lagern gegen Menschenrechte verstoßen.
Weitere Infos:
Im Februar 2021 hat ein Rechercheteam um Jan Böhmermann im ZDF Magazin Royale die Frontex Files veröffentlicht. Dabei handelt es sich um Dokumente aus 16 Treffen der EU-Grenzschutzagentur Frontex mit Lobbyist*innen aus der Rüstungsindustrie, nationalen Sicherheitsbehörden, der Wissenschaft usw. Aus den Teilnehmendenlisten geht hervor, dass zwei Vertreter*innen der Hochschule Darmstadt bei einem Treffen 2019 vor Ort waren und sich mit Präsentationen inhaltlich beteiligt haben. 2020 waren Sie dann bei der Folge-Konferenz ebenfalls dabei, wie die Hochschule bestätigt hat. Und das, obwohl Frontex seit Jahren wegen Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen in der Kritik steht.
Wir möchten hier in Darmstadt keinerlei Unterstützung für das tödlichen Abschottungs-Regime der EU und unterstützen die Forderung nach einer Zivilklausel, die eine solche Zusammenarbeit zukünftig verhindern soll.
Mehr Infos:
Aktuell gibt es wenig Aufmerksamkeit für die Situation an der polnisch-belarussischen Grenze, aber weiterhin versuchen Menschen, die Grenze zu überqueren und werden dabei gewaltvoll zurückgedrängt. Im Jahr 2021 begann Polen, an der Grenze zu Belarus einen 2,5 m hohen Zaun zu errichten. Es wurde entschieden, eine „solide Barriere mit Überwachungssystem und Bewegungsmeldern“ zu errichten. Der Bau des Grenzzauns erfolgte von Januar bis Juni 2022. (1)
Das Parlament Polens hat beschlossen, das Grundrecht auf Asyl einzuschränken. Grenzschützer können nach polnischem Recht selbst entscheiden, ob sie den Schutzsuchenden die Chance auf das Stellen eines Asylantrags gewähren. (2)
Im Winter 2022/23 wurden fliehende Menschen Opfer von Pushbacks und brutaler Gewalt bei Eiseskälte. (3) In den letzten 1,5 Jahren wurden nach Angaben der polnischen Grenzbeamt*innen mehr als 50.000 Pushbacks nach Belarus durchgeführt. (4)
Immer wieder werden Menschen im Grenzstreifen vermisst oder tot aufgefunden. Fliehende Menschen werden mit brachialer Gewalt zurück in die Wälder gedrängt. (5)
Im Grenzgebiet zwischen Litauen und Belarus kommt es ebenfalls zu brutalen Pushbacks, fliehende Menschen erlitten Erfrierungen im Winter und verloren Zehen und Beine. Humanitäre Organisationen und Journalist*innen werden vom Betreten des Grenzgebiets abgehalten. Im Januar hat die litauische Regierung eine Regelung erlassen, welche Pushbacks als offizielle Vorgehensweise formalisiert. Das verstößt eindeutig gegen internationales Recht, da fliehenden Menschen ihr Recht, einen Asylantrag zu stellen, verwehrt wird. (6)
(1) Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Grenze_zwischen_Belarus_und_Polen, Zugriff: 13.02.2023
(2) Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Migrationskrise_an_der_Grenze_zwischen_Belarus_und_der_Europ%C3%A4ischen_Union#Polen/Belarus, Zugriff: 13.02.2023
(3) Seebrücke, https://www.seebruecke.org/aktuelles/weitere-pushbacks-bei-eiseskaelte, Zugriff: 13.02.2012
(4) Seebrücke, https://www.seebruecke.org/aktuelles/cn-tod-30-jaehrige-stirbt-im-polnisch-belarussischen-grenzgebiet-26-jaehriger-mohammed-seit-ueber-20-tagen-im-hungerstreik, Zugriff: 16.02.2023
(5) Seebrücke, https://www.seebruecke.org/aktuelles/cn-tod-4-leichname-an-der-pol-bel-grenze-gefunden-menschen-vermisst, Zugriff: 13.02.2023
(6) Seebrücke, https://www.seebruecke.org/aktuelles/grenzgebiet-litauen-belarus-zugang-fuer-humanit-organisationen-und-journalist-innen-blockiert, Zugriff: 13.02.2023
Das Mittelmeer ist die tödlichste Grenze der Welt. Jedes Jahr werden über 1000 Menschen, die versucht haben über das Mittelmeer zu fliehen, als vermisst oder verstorben gemeldet. 2022 waren es mehr als 1940 Menschen, wobei die tatsächliche Zahl an Todesopfern deutlich darüber liegen dürfe. Es gibt so gut wie keine sicheren Wege in die EU. Deshalb sind viele Menschen auf der Suche nach Sicherheit und Frieden gezwungen, die lebensgefährliche Flucht über das Mittelmeer anzutreten, oft in seeuntüchtigen Booten. Obwohl es eine völkerrechtliche Verpflichtung zur Rettung in Seenot geratener Menschen gibt, gibt es kein europäisches Seenotrettungsprogramm. Alle Aktivitäten dahingehend wurden eingestellt. Darüber hinaus wird Arbeit privater Seenotrettungsorganisationen zunehmend erschwert. Auch wenn es gelingt, Geflüchtete aus Seenot zu retten, weigern sich Mittelmeer-Anrainerstaaten immer wieder, die Schiffe in Häfen einlaufen und Geflüchtete an Land gehen zu lassen – trotz zum Teil dramatischer humanitärer Situation an Bord.
Immer wieder werden Geflüchtete auf dem Mittelmeer Opfer sogenannter Pushbacks. Es gibt zahlreiche Berichte, wie Geflüchtete, die es bereits in küstennahe Gewässer oder sogar an die Küste geschafft hatten, zurück aufs offene Meer gedrängt oder geschleppt werden, oft unter Einsatz brutaler Gewalt. Im zentralen Mittelmeer ist es zudem gängige Praxis, dass Flüchtlingsboote an die „libysche Küstenwache“ gemeldet werden, die diese dann nach Libyen zurückbringt. Dies widerspricht Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention, der die Zurückweisung von Flüchtlingen in Gebiete untersagt, wo deren Leben und Freiheit bedroht ist.
Weitere Informationen:
Der Flughafen Frankfurt am Main ist ein zentraler Ort in der Ausführung der EU-Abschottungspolitik.
2021 wurden von hier aus 3.371 Menschen abgeschoben - mehr als von jedem anderen deutschen Flughafen (1). Hinter jeder Abschiebung steckt ein Mensch mit einer eigenen Geschichte. Die Abschiebung bedeutet, dass Menschen, die sich nichts zu Schulden haben kommen lassen, unter Zwang in Länder gebracht werden, in denen sie nicht sein wollen und nicht sein können.
Die Abschiebungsbeobachtung am Flughafen Frankfurt dokumentiert in ihrem Bericht Familientrennungen, Anwendung körperlicher Gewalt, fehlende Medikamenten, Kindeswohlgefährdung, mangelnde Übersetzung und viele weitere Misstände während den Abschiebungen am Frankfurter Flughafen (2).
2: https://www.diakonie-frankfurt-offenbach.de/wp-content/uploads/2022/11/Taetigkeitsbericht-2021.pdf
1: BT-Drucks. 20/890, S. 10. https://dserver.bundestag.de/btd/20/008/2000890.pdf
Weitere Informationen:
Am 15. August 2022 jährt sich die Machtübernahme durch die Taliban in Afghanistan. Der Flughafen Kabul wurde ein Symbol für verzweifelte Flucht-Versuche und das Im-Stich-Lassen von Menschenrechtsaktivist*innen, sogenannten Ortskräfte und der gesamten afghanischen Zivilbevölkerung. Ein Jahr ist vergangen und Zehntausende Menschen wurden von der Bundesregierung nicht evakuiert.
Die Taliban verüben Vergeltungstötungen und außergerichtliche Hinrichtungen. Bedroht sind vor allem Menschen, die mit der früheren Regierung in Verbindung standen und Angehörige religiöser und ethnischer Minderheiten.
Gezielte Anschläge auf Zivilpersonen und zivile Objekte gefährden die Lage der Menschen vor Ort zusätzlich.
Die Lebensmittelversorgung ist sehr schlecht, etwa 23 Millionen Menschen sind in Afghanistan von akuter Ernährungsunsicherheit und Hunger betroffen, darunter mehr als drei Millionen Kinder, die durch schwere Unterernährung vom Tod bedroht sind (Stand Dezember 2021).
Unter den Taliban werden Frauen systematisch unterdrückt und diskriminiert. Es kommt zu Zwangsehen, Gewalt und Ausschluss von Berufen und aus dem öffentlichen Leben.
Menschen, die gegen die Verhältnisse protestieren, drohen Verhaftungen und Folter.
Vom 13.08. -15.08. finden bundesweit Aktionstage statt, um die Aufnahme und das sichere Bleiberecht aller bedrohter Afghan*innen zu fordern. Wir sind bei der Großdemonstration und dem Protestcamp in Berlin dabei. In Darmstadt befestigen wir zu diesem Anlass Schilder an allen unseren Wegweisern, die nun auch zum Flughafen Kabul zeigen.
#DontForgetAfghanistan
https://seebruecke.org/aktuelles/kampagnen/dont-forget-afghanistan-berlin
https://www.amnesty.de/informieren/amnesty-report/afghanistan-2021
Projekt :Keine Zusammenarbeit mit Frontex!
Hier geht´s zu unserer Website “Keine Zusammenarbeit mit Frontex!”
Am 5. Februar veröffentlichte das ZDF Magazin Royale zusammen mit dem Disinfaux Collective und Frag den Staat die Frontex Files, ein inoffizielles Lobby-Transparenzregister der europäischen Grenzschutzagentur Frontex. Daraus wurden verschiedene Informationen publik: Frontex trifft sich seit Jahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit Lobbyist:innen, vor allem aus der Rüstungsindustrie und das obwohl es bisher keine rechtliche Grundlage für den Besitz von Waffen der „Grenzschützer:innen“ gibt. Bei einem Treffen im Oktober 2019 war auch die Hochschule Darmstadt vertreten.
Frontex ist die europäische Agentur für Grenz- und Küstenwache. Auf der sogenannten Balkanroute und vor allem auf dem Mittelmeer, in der Ägäis, war Frontex nachweislich an zahlreichen Push-Backs beteiligt. Ein Push-Back ist das illegale Zurückweisen oder Zurückdrängen von fliehenden bzw. migrierenden Menschen an Grenzen. Dass es sich dabei nicht um Einzelfälle, sondern um ein rassistisches System handelt, zeigt auch das kalkulierte Vertuschen dieser Fälle, allen voran durch Frontex-Direktor Fabrice Leggeri, der spätestens seit Frühjahr 2020 von den Push-Backs seiner Behörde wusste. Entsprechend der gesetzlichen Grundlage, Frontex-Aktivitäten bei Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen sofort einzustellen, hätte er die Missionen längst beenden müssen.
Weder die deutsche Regierung – immerhin wird Frontex vor Ort auch durch die Bundespolizei unterstützt – noch die EU sehen sich gezwungen zu handeln. So verübt Frontex nach wie vor und im staatlichen Auftrag weiter Menschenrechtsverletzungen an den europäischen Außengrenzen. Nach eigenen Angaben ist sie sogar die am schnellsten wachsende Agentur der EU.
Als angebliche Sicherheitsbehörde ist Frontex selbstverständlich besonders für die Großen der Rüstungsindustrie attraktiv: Glock, Airbus, Heckler & Koch usw. Die Frontex Files veröffentlichen Dokumente von 16 Lobby-Treffen von Frontex in den Jahren 2017 bis 2019. Eines davon fand am 9. und 10. Oktober 2019 in Warschau statt unter dem Titel „International Conference on Biometrics for Borders (ICBB)“. Laut Teilnehmer:innen-Liste waren auch mehrere Vertreter:innen der Hochschule Darmstadt anwesend und an der Konferenz in Form von zwei Publikationen inhaltlich mitbeteiligt.
Professor Dr. Christoph Busch vom Fachbereich Informatik der h_da und Leiter der an der h_da beheimateten Forschungsgruppe da/sec präsentierte dabei den Vortrag „The Challenge of Morphing for Border Control”. Auch im Dezember 2020 beteiligte er sich erneut an der Konferenz in Form eines Vortrags. Beim sogenannten Morphing handelt es sich um das Zusammenführen von zwei Bildern zu einem einzigen, welches dann beide Eigenschaften der vorherigen Bilder aufweist. Automatische Personalausweiskontrollsysteme können mit gemorphten Passbildern dahingehend überwunden werden, als dass ein Personalausweis so von zwei Personen genutzt werden kann. Frontex fürchtet dadurch mehr sogenannte “illegale” Einwanderung.
Was Frontex dabei nicht interessiert, ist, dass Menschen sich ihren Pass nicht aussuchen können. Es ist keine Leistung, in Deutschland oder Europa geboren zu sein. Menschen, die fliehen müssen, haben dafür sehr gute Gründe und sind keineswegs illegal, sondern haben einen menschenrechtlich geschützten Anspruch auf Asyl. Flucht ist kein Verbrechen – Fliehende zurückzuweisen, dagegen schon!
Wir verurteilen jegliche Zusammenarbeit mit Institutionen wie Frontex, die systematisch Menschenrechtsbrüche verüben. Bereits im März 2020 dokumentierten Alarmphone und mare liberum mehrere Fälle, in denen Frontex und die griechische Küstenwache nicht ihrer Verpflichtung zur Seenotrettung (im Fall von Seenotrettungsfällen) nachkamen. Dennoch kam es im Dezember erneut zu einer Zusammenarbeit zwischen h_da und Frontex.
Frontex sollte keinerlei wissenschaftliche Unterstützung durch Hochschulen erhalten, die sich der Wissenschaft und nicht dem europäischen Abschottungsregime verschrieben haben.
Wir erwarten, dass weder die Hochschule Darmstadt noch sonst irgendeine wissenschaftliche Einrichtung ihre Forschungsarbeit für eine rassistische und verbrecherische Abschottungspolitik zur Verfügung stellt. Eine Agentur wie Frontex zeigt auf menschenverachtendste Weise wie rechte Gewalt und Rassismus institutionell gestützt werden.
Was es wirklich braucht sind:
Fähren statt Frontex!
sichere und legale Fluchtwege!
ein Ende der mörderischen EU-Abschottungspolitik!
Die Hochschule Darmstadt hat auf ihrer Internetseite bereits eine Stellungnahme zu den Frontex Files und ihrer Zusammenarbeit mit Frontex veröffentlicht. Mit dem, was darin zu lesen ist, hat sie es allerdings nicht nur verpasst Haltung zu zeigen. Sie relativiert auch die durch nichts zu rechtfertigende Zusammenarbeit mit einer menschenrechtsverletzenden Agentur wie Frontex.
Wir erwarten von der h_da, dass sie die mehrfach belegten Push-Backs durch Frontex nicht einfach als „alarmierend” einstufen, sondern als das bewerten, was sie sind: Ein brutaler Akt rassistischer Abschottungspolitik.
Wir fragen uns, wie an der h_da davon ausgegangen werden kann, dass durch ihre Beteiligung „die politischen Entscheidungen zum Einsatz geeigneter technischer Mittel […] profitieren werden”, wo sie ihre Forschung doch einer intransparenten, rassistisch und skrupellos handelnden Behörde zur Verfügung stellen.
Außerdem ist ein Setzen darauf, „dass die Aufsichtsorgane der EU diesen Vorwürfen mit der gebotenen Dringlichkeit nachgehen” werden, absurd, wo sie es doch bis heute nicht getan haben, obgleich die Vergehen von Frontex seit langem dokumentiert sind. Die Hochschule ist durchaus in der Lage, Entscheidungen unabhängig zu treffen und ihre Schlüsse zu ziehen, die hier nur ein sofortiger Stopp der Zusammenarbeit bedeuten können.
Die h_da schreibt: „Gute Lösungen für Praxisprobleme sind zu erwarten, wenn beispielsweise technisch-naturwissenschaftliche, soziale, datenschutzrechtliche und ethische Betrachtungsweisen zusammengeführt werden.” Wir aber sagen: Gute Lösungen sind solidarische Lösungen. Und wer meint, diese können mit Frontex entwickelt werden, hat anscheinend noch nicht begriffen, dass die europäische Abschottungspolitik tötet. Statt sie wissenschaftlich zu unterstützen, müssen wir sie überwinden.
Deshalb fordern wir die Hochschule Darmstadt auf, wirklich Stellung zu beziehen und jegliche Zusammenarbeit von Beschäftigten der Hochschule mit Frontex unverzüglich einzustellen!
Für solidarische Hochschulen!
(Die Stellungnahme des Präsidenten ist hier) zu finden.)
Mit Verlaub, Herr Präsident…
ihre “Rechtfertigung” zur Zusammenarbeit der Hochschule Darmstadt mit Frontex, wie sie auf der Webseite der h_da zu lesen ist, können wir nicht einfach so stehen lassen.
Und dabei haben sie in einem Punkt sogar absolut Recht: Niemand kann der Hochschule Darmstadt aus politischer Weltanschauung vorschreiben, an welchen Themen geforscht und in welchem Rahmen die Ergebnisse veröffentlicht werden.
Eine Antwort auf die Kritik an einer Zusammenarbeit mit einer nachweislich menschenrechtswidrig und tödlich handelnden Organisation, ist das aber keineswegs.
Dass die h_da eine “objektive Überprüfung der Vorwürfe an die EU-Berhörde” nicht leisten kann, ist nicht schlimm, denn das ist auch gar nicht nötig. Die “Vorwürfe” sind seit Langem von zahlreichen Akteur:innen bestätigt und dokumentiert: Frontex verstößt mit voller Absicht gegen Menschenrechte!
Wenn nun also öffentlich wird, dass irgendeine wissenschaftliche Institution mit dieser Agentur zusammengearbeitet hat oder zusammenarbeitet, gibt es nur eine richtige Reaktion:
Haltung zeigen! Und jegliche Zusammenarbeit sofort beenden!
Und dabei spielt es keine Rolle, inwiefern Vertreter:innen der h_da letzten Endes dabei involviert sind. Mit Menschenrechtsverletzer:innen arbeitet man nicht zusammen! PUNKT!
Es ist völlig irrelevant, dass die h_da die Aktion ‘Weltoffene Hochschulen – Gegen Fremdenfeindlichkeit’ unterstützt und Mitglied der “Charta der Vielfalt” ist. Das macht eine Zusammenarbeit mit Frontex nicht wett – im Gegenteil, es wirkt geradezu zynisch. All diese Titel sind nichts wert, wenn aus ihnen nicht auch praktische Überlegungen folgen.
Ebenfalls völlig egal ist, dass sich die Forschungsgruppe mit Datenschutz und demografischer Fairness beschäftigt. Auch das relativiert die Zusammenarbeit mit Frontex nicht! Genau genommen, hat das überhaupt nichts damit zu tun.
Ihre Antwort auf diesen Skandal ist, dass die beteiligten Wissenschaftler:innnen genug “Eigenverantwortung haben, um sämtliche Aspekte ihres Tuns angemessen zu reflektieren”. In diesem Fall hat deren Eigenverantwortung dazu geführt, sich mit den ganz Großen der Rüstungsindustrie gutzustellen und einer intransparenten und skrupellosen Behörde technische Beihilfe zu leisten. Wie rechtfertigen sie da bitte ihr “Vertrauen in die Forschungsgruppe” bezüglich der Wahl ihrer Kooperationspartner:innen?
Wir fordern keine “Beschränkungen einer Forschungsarbeit” und uns ist bewusst, dass Forschungsergebnisse in der Praxis oft für verschiedene Ziele eingesetzt werden können und das diese oft auch außerhalb der Kontrolle der Forschenden liegen. Wenn aber Wissenschaftler:innen zu einer Veranstaltung von Frontex gehen, um dort aktiv ihre Forschung zu präsentieren und zu bewerben, ist ihre wissenschaftliche Arbeit nicht einfach nur noch Forschung, sondern wird zu einem Instrument. Unabhängig ist sie so erst recht nicht.
Im Übrigen ist Transparenz nicht mit kritischer Prüfung gleichzusetzen. Transparenz ermöglicht erst unabhängige und kritische Prüfungen durch Dritte und eine seriöse Wissenschaft ist dazu verpflichtet, Kritik auch wahrzunehmen. Und hier drängt sie sich nunmal auf.
Deshalb wiederholen wir nochmal unsere Forderung:
Keine Zusammenarbeit der h_da mit Frontex! Mit Menschenrechtsverletzer:innen arbeitet man nicht zusammen!
Videoreihe:Darmstadt - ein sicherer Hafen?
In unserer Videoreihe ziehen wir Bilanz: Was hat sich in Darmstadt getan, nachdem sich die Stadt vor 2 Jahrem zum sicheren Hafen erklärt hat?
Hier geht es zu den Videos.
Aktionstag der Balkanbrücke :Aufnahme statt Abschottung
Am 30.Januar 2020 haben wir uns dem Aktionstag der Balkanbrücke unter dem Motto „Aufnahme statt Abschottung“ angeschlossen. Im Herrengarten haben wir mit einem Zelt und Plakaten auf die unhaltbaren Zustände in den Lagern aufmerksam gemacht. Aus dem Zelt wurde eine Audioaufnahme abgespielt, auf der ein Geflüchteter von seinen Erfahrungen erzählt.
Aktionsspaziergang:Wärme für alle!
Im Rahmen der Kampagne “Wärme für alle - kein weiterer Winter in den Lagern!” haben wir am 13.12.2020 einen Aktionsspaziergang organisiert. An fünf Stationen, in Darmstadt verteilt, haben wir über die menschenunwürdigen Zustände in den Flüchtlingslagern informiert.
Hier gibt es das Video zur Aktion.
Material
Downloads
Hier findet ihr ausgewähltes Material, das wir euch zur Verfügung stellen.