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In den Camps Nea Kavala und Vagiochori

Auf den Fluchtrouten in Griechenland - Ehrenamtlicher Einsatz unserer Mitstreiterin - März 2024 / Wochenbericht Nr. 1 + 2

Unsere Mitstreiterin, Andrea, Ärztin, ist seit Anfang März für 6 Wochen mit German Doctors im Norden Griechenlands. Im Rahmen ihres ehrenamtlichen Einsatzes versorgt sie auf den Fluchtrouten im Landesinneren geflüchtete Menschen medizinisch, mit besonderem Augenmerk auch auf unbegleitete Minderjährige.

Hier Wochenbericht Nr. 2

Nach Woche 2 finde ich mich inzwischen etwas besser zurecht mit den Abläufen und fange allmählich an, das griechische Gesundheitssystem etwas zu verstehen. Was gut so ist, denn nach der ersten Woche hat mein Kollege gewechselt, so dass ich jetzt schon die Seniorin in unserem Zweierteam bin. Allerdings nur auf das Projekt bezogen; mein Kollege ist schon über 70 Jahre alt, topfit und sehr erfahren - ich werde viel von ihm lernen können. 

Wir haben diese Woche im Wechsel die Camps Nea Kavala und Vagiochori (ca. 400 Bewohner) in der Nähe von Thessaloniki besucht, wobei das Camp Nea Kavala unser größtes ist und den meisten Bedarf hat. Unglücklicherweise wird dieses Camp Ende des Monats von der staatlichen Leitung wieder an einen privaten Betreiber zurück übergeben, so dass die Angestellten noch nicht einmal wissen, ob und wie sie nächsten Monat hier arbeiten werden. Das ist gerade für den großen Bedarf an psychologischer Begleitung und die sehr engagierte Psychologin des Camps eine Katastrophe!

Unsere Arbeit besteht erneut in hausärztlicher Tätigkeit, wobei wir am meisten erkältete Kinder, Erwachsene mit Schmerzsyndromen, Schlafstörungen, sehr viel Karies und viele Bewohner mit Skabies (Krätze) behandeln. Außerdem impfen wir die Kinder nach der allgemeinen Impfempfehlung, wobei die Impfstoffe als verschreibungspflichtige Medikamente im Camp zur Verfügung stehen und wohl staatlich finanziert sind. In einem der Container leben 6 allein reisende junge Männer zusammen, die sich alle mit Krätze angesteckt haben. Drei der jungen Männer sind gerade einmal 22 Jahre alt, so alt wie mein jüngstes Kind…; mir gruselt, wenn ich mir meine Kinder allein in dieser Situation vorstelle und ich habe großen Respekt vor den Jungs! Es müssen immer alle Mitglieder der Wohngemeinschaft behandelt werden, so dass nach mehreren weiteren betroffenen Familien unsere Medikamente nur knapp gereicht haben. 

Etwas erstaunt war ich, dass nahezu alle Campbewohner im Ramadan fasten. Die Religion und ihre Riten scheint den Menschen in ihrer schwierigen Situation Halt zu geben und den Zusammenhalt zu stärken. Bei damit verbundenen Beschwerden müssen wir teilweise deutlich darauf hinweisen, dass bei Krankheit nicht gefastet werden muss. Immerhin zaubern unsere Süßigkeiten den geimpften Kindern (mit gesunden Zähnen!) ein Lächeln ins Gesicht! 

Die meisten unserer Patienten kommen aus Afghanistan, einige aus Syrien, Irak, einzelne aus Sierra Leone, Somalia und anderen afrikanischen Staaten. Viele kommen über die Türkei nach Griechenland und waren zuvor in Camps auf den Inseln. Eine Patientin berichtet mir von der Überfahrt 1 1/2 Tage dicht gedrängt auf einem kleinen Boot. Es war kalt und seither hat sie Schmerzen am ganzen Körper. Die körperlichen Schmerzen können wir lindern, die von ihr und so vielen anderen angedeuteten Sorgen und negativen Erlebnisse leider wenig. Immerhin können wir ein offenes Ohr anbieten; viele unserer Patienten äußern sich sehr dankbar - das tut gut ?! 

Soweit mein kurzer Bericht der letzten Woche und ein kleiner Eindruck von unserer „Klinik“. 

Viele Grüße aus dem frühlingshaften Griechenland
Andrea
 

... und hier Wochenbericht Nr. 1

Die erste Woche in Griechenland ist bereits vergangen und ich möchte all denen, die es interessiert und die ihr mich alle so großartig unterstützt habt, kurz berichten. Dabei ist das Erlebte gar nicht so leicht kurz in Worte zu fassen, da ich die ganzen Eindrücke erst einmal selbst sortieren muss. Und vor allem ging es in der ersten Woche für mich zunächst darum, mich in und um Thessaloniki zu orientieren, die Abläufe kennenzulernen und mir die Namen der griechischen Medikamente einzuprägen ?. 

Wir haben in dieser Woche drei der Camps besucht: Nea Kavala (ca. 1500 Menschen), Filippiada (ca. 300 Menschen) und Ioannina (ca. 900 Menschen). Die letzten beiden sind recht weit entfernt und wir fahren (selber) mit Urlaubsgefühl etwa drei Stunden dorthin durch frühlingshafte Berglandschaft, um dann durch die Sicherheitsschleuse zum Arbeiten hinter dem Stacheldraht zu verschwinden…

Von den Camps selber hatte ich erst einmal einen positiven Eindruck: Es gibt überwiegend Container statt Zelte; die meisten Familien haben ihren eigenen Wohnbereich; es gibt jeweils Krankenschwestern und eine(n) Sozialarbeiter*in, in einigen Camps eine Hebamme u./o. eine Psychologin. WIE man sich um die Bewohner kümmert, scheint allerdings recht verschieden zu sein und Spielplätze habe ich nur in Filippiada entdeckt; dabei gibt es unglaublich viele Familien mit zum Teil sehr vielen teils sehr kleinen Kindern. Wenn ich höre, dass wegen der langen Bearbeitungszeiten einige Familien bis zu 5 Jahre in den Camps leben, könnte ich weinen angesichts der verlorenen Lebensjahre der Menschen und vor allem der Kinder. Die größeren Kinder gehen in die griechischen Schulen (soweit ich weiß ohne besondere Begrüßungsklassen) und lernen dort zumindest die Sprache. Und wenn dann ein Bescheid da ist und die Familie z.B. nach Deutschland weiter reist, fangen sie wieder von vorn an… 

Medizinisch sehen wir alles was ein Hausarzt so sieht und überwiegend vergeben wir Medikamente aus den German-Doctors-Spenden, wobei je nach Beschwerdebild meist nur einzelne Tabletten ausgegeben werden. Für die meisten ist es dennoch eine große Hilfe, da sich die Geflüchteten die Medikamente sonst schlicht nicht kaufen können, auch wenn diese in Griechenland billiger sind. Für aufwendigere Untersuchungen werden von den Krankenschwestern Termine bei Fachärzten oder in den Krankenhäusern vereinbart mit Wartezeiten, die den unseren ähneln. Der Andrang in unserer Sprechstunde ist groß, die Verständigung trotz Übersetzung manchmal holprig - viel Zeit zum Reden bleibt selten. Dazu vielleicht nächste Woche. 

Fotos machen ist schwierig, da es in den Camps nicht erlaubt ist und ich meist beschäftigt bin… Aber ich habe ja noch 5 Wochen ?
Daher hier nur ein offizielles Team-Foto und 2 Schnappschüsse.

Viele Grüße aus dem Süden, 
Andrea 

Wochenbericht Nr. 3 folgt

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