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Lokalgruppe:Marburg
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Neueinsteiger*innen-Treffen
08.06. in Präsenz, Ort auf Anfrage
06.07.
jeweils 19 Uhr
online unter https://konferenz.seebruecke.dev/b/jan-cne-3vn
Zugangscode: 377350
oder bei schönem Wetter draußen
Plenum
jeden 2. Mittwoch 20 Uhr
online oder bei schönem Wetter draußen
Aktuelles
"The master of a ship at sea which is in a position to be able to provide assistance on receiving information from any source that persons are in distress at sea, is bound to proceed with all speed to their assistance [...] This obligation to provide assistance applies regardless of the nationality or status of such persons or the circumstances in which they are found." International Convention for the Safety of Life at Sea (SOLAS), Regulation V-33, https://onboard.sosmediterranee.org/knowledge-base/regulation-33/
Das Schiff Iuventa, vom Verein Jugend Rettet, operierte ab 2016 als Teil der zivilen Seenotrettung im zentralen Mittelmeer vor der lybischen Küste. Innerhalb nur eines Jahres barg die internationale Crew von Freiwilligen mehr als 14.000 Menschen aus Seenot. Im August 2017 setzten italienische Behörden dem ein Ende, beschlagnahmten das Schiff und verhinderten damit weitere Rettungseinsätze. Der Vorwurf: Beihilfe zur illegalen Einreise.
Erst durch die Beschlagnahmung erfuhren die Aktivist*innen der Iuventa von den extrem weitreichenden Ermittlungen, die unter anderem heimliche Abhöreinrichtungen an Bord des Schiffes und den Einsatz von sogenannen Verbindungsleuten (V-Leuten) umfassten. Eine Untersuchung von Forensic Architecture und Forensic Oceanography rekonstruierte die Rettungseinsätze, die die Staatsanwaltschaft der Iuventa-Crew anlastet und widerlegte damit die Tatvorwürfe.
Im Rahmen der Ermittlungen wurden sensible Dokumente aus den Ermittlungsakten an die italienische Presse weitergegeben und veröffentlicht, einschließlich der Vor- und Zunamen der beschuldigten Crew-Mitglieder. Infolgedessen kam es zu medialen Vorverurteilungen, aber auch zu massiven Drohungen rechter Gruppierungen gegen die benannten Personen.
Nach fast vier Jahren wurden im Januar 2021 vier Crew-Mitglieder der Iuventa sowie 17 weitere Beschuldigte, die für die NGOs Save the Children und Ärzte ohne Grenzen sowie für eine italienische Reederei tätig waren, von der Staatsanwaltschaft offfiziell über die Vorwürfe unterrichtet und sollen nun vor Gericht gestellt werden. Ihnen drohen in Italien bis zu 20 Jahre Haft. Bei der nicht-öffentlichen Vorverhandlung am 21. Mai in Trapani/Italien soll entschieden werden, ob die Anklage fallengelassen oder ein möglicherweise jahrelanger Prozess gegen die Seenotretter*innen eingeleitet wird.
Dieser Fall ist ein schwerer Angriff auf die fundamentalen Rechte von Geflüchteten, Migrant*innen und Aktivist*innen. Seenotrettung ist kein Verbrechen und darf strafrechtlich nicht verfolgt werden! Trotzdem ist dies längst Praxis geworden. Europäische Länder kriminalisieren Aktivist*innen und Organisationen um ihre innenpolitisch zunehmend strikteren Abschottungsstrategien umzusetzten.
Doch die meisten Menschen, die wegen "Beihilfe zur illegalen Migration" angeklagt werden, sind selbst Flüchtende. Seit 2013 wurden allein in Italien über 2500 fliehende Menschen mit dieser Anklage inhaftiert. Dies passiert oft ohne große Öffentlichkeit und ist ein weiterer Teil der europäischen Abschottungspolitik, die Flucht immer mehr kriminalisiert.
So zum Beispiel der Prozess in Griechenland gegen den Vater N. der für den Tod eines Kindes auf der Flucht angeklagt wurde. Er stand gemeinsam mit Hasan vor Gericht, weil Hasan das Boot steuerte. Die #Samos2 sind seit dem 18. Mai frei. Am 5. Mai jedoch wurden in einem ähnlichen Verfahren die #Paros3 zu 439 Jahren Haft verurteilt.
Wir stehen solidarisch an der Seite der 21 angeklagten Seenotretter*innen sowie an der Seite aller Menschen auf der Flucht, die kriminalisiert werden. Flucht ist ein Menschenrecht, Seenotrettung ist Pflicht!
LEAVE NO ONE BEHIND
Infomaterial
Internationale Wochen gegen Rassismus 2022 - Kritisches Weißsein *
Vom 14. -27. März 2022 fanden die Internationalen Wochen gegen Rassismus statt und wieder einmal stellte sich die Frage: Was können wir tun? Als Seebrücke Marburg wollten wir damit ansetzen, Rassismus zu verstehen. Rassismus und Weißsein zu verstehen. Deshalb haben wir eine Materialsammlung zusammengestellt, die sich kontinuierlich mit Inhalten zu Kritischem Weißsein füllt.
Spätestens seit der Fluchtbewegung aus der Ukraine gibt man sich kaum noch Mühe den Rassismus in unserer Gesellschaft zu verschleiern. Seit Jahren werden Menschen mit Fluchterfahrungen diskriminiert und in Kriegsgebiete abgeschoben. Jüngst wird diese marginalisierte Gruppe in echte-Kriegsflüchtlinge und was? nicht-echte-Kriegsflüchtlinge? Unterschieden. Treffender wäre es, die Karten auf den Tisch zu legen und zuzugeben: Politiker:innen unterscheiden in weiße und nicht-weiße Menschen mit Fluchterfahrung! Das nehmen wir nicht hin! Wir prangern euren Rassismus an!
Wir fordern die Unterstützung von Menschen die aus der Ukraine fliehen, unabhängig von ihrer Staatszugehörigkeit, ebenso wie wir die Unterstützung von Menschen aus Afghanistan, Eritrea, Georgien, dem Irak, Iran, Nigeria, Russland, Somalia, Syrien, der Türkei oder anderen Ländern fordern.
Schon vor der Ankunft von Geflüchteten aus der Ukraine war und ist die Situation in vielen Erstaufnahmeeinrichtungen katastrophal. Es werden kaum Covid-Schutzmaßnahmen in den Einrichtungen getroffen, stattdessen wurden Menschen bei Minusgraden in Leichtbauhallen (eine Mischung aus Container und Zelt), mit bis zu 100 Menschen zusammengepfercht. Eine Möglichkeit zur Isolation gibt es nicht. Auch an der Impfstrategie in den Erstaufnahmeeinrichtungen erkennt man, dass die Bewohner:innen wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Schon nachdem offiziell bekannt war, dass die einmalige Impfung von Johnson&Johnson nicht für einen vollständigen Schutz ausreicht, blieb das Impfangebot in den meisten EAEs darauf beschränkt.
Schockierend ist nun, dass der Berliner Senat die Tempohome in Reinickendorf räumen ließ, um Kapazität für Neu-Ankommende Menschen aus der Ukraine zu schaffen. Wir fragen: Mit welcher Begründung?
Die Geflüchteten, die dort seit Jahren gelebt haben, wurden in andere Unterkünfte gebracht und so aus ihrem sozialen Umfeld, der Schule, dem Sprachkurs oder dem Freundeskreis gerissen. Von denen, die sich selbst noch nicht viel aufbauen konnten wird gefordert, ihr derzeitiges Zuhause zu räumen, während leerstehende Wohnungen und Häuser, die den besser Gestellten in unserer Gesellschaft als Geldanlage dienen, unangetastet bleiben.
Der Rassismus an den Grenzen war für BIPoC schon immer spürbar, doch selten so unverschleiert, wie in diesen Tagen an den polnischen Grenzen. Nicht nur BIPoC Studierende haben auf ihrer Flucht aus dem ukrainischen Kriegsgebiet schlimmste rassistische Erfahrungen gemacht. Auch alle Menschen, die zuvor aus einem Kriegsgebiet geflohen sind und in der Ukraine auf ein besseres Leben gehofft haben. Nun sind sie wieder auf der Flucht.
Die Lage ist bizarr. Während an der polnisch-belarussischen Grenze eine Mauer zum Schutz vor Geflüchteten baut, öffnet das Land an der polnisch-ukrainischen Grenze – für Weiße – die Arme.
Wir freuen uns, dass die Richtlinie 2001/55/EG nun endlich aktiviert wurde, um Menschen auf der Flucht den Einstieg in ein neues Leben zu erleichtern. Ursprünglich sollte sie nach dem Balkankrieg in den 90er Jahren dafür sorgen, dass Geflüchtete ohne bürokratische Hürden in die ganze EU verteilt werden können. Bei der Aktivierung sogrt die Richtlinie dafür, dass Schutzsuchende aus einem bestimmten Land unkompliziert Aufenthaltstitel, Aufenthaltserlaubnis und soziale Absicherung erhalten, sich ihren Aufenthaltsort in der EU aussuchen und damit das Dublin-Verfahren umgehen können.
Dass die Richtlinie nicht schon 2015 aktiviert wurde, sagt viel über den Rassismus und die Integrationspolitik in Deutschland aus.
KeinMenschIstIllegal
LeaveNoOneBehind
SichereFluchtwegeJetzt
MenschenrechteUnteilbar
MenschenrechteUnverhandelbar