Lass uns reden! - Tipps und Tricks zur Dialogführung:Werkzeugkoffer

Teil A

Es ist super stark, dass du dich mit dem Thema auseinandersetzt!

Vielleicht hast Du ja schon eine Idee, mit wem Du gerne in den Dialog treten würdest. Häufig gibt es mindestens eine Person in dem eigenen Familienund Bekanntenkreis, die eine schwierige Einstellung zum Thema Migration hat. Das ist belastend für das Klima der Zusammenkünfte und Beziehungen und häufig wird das Thema Politik dann ganz vermieden. Das ist bedauerlich, denn gerade hier liegt die Chance für einen Perspektivenaustausch und eine Perspektivenerweiterung außerhalb des eigenen Kokons. Das Ziel dieses Kapitels ist, sich gegenseitig besser verstehen zu lernen. Dadurch kann ein Raum entstehen, in dem auch über brisante Themen diskutiert, aber nicht gestritten werden kann. Schön wäre es, wenn hier nun eine allgemeingültige Bauanleitung kommen würde, wie eine gelungene Dialog-Situation zu führen ist. Leider ist das nicht so einfach. Es gibt nämlich nicht das eine universelle Werkzeug für den richtigen Dialog, denn dafür sind Menschen und Situationen zu individuell. Dennoch ist es möglich, besser im Argumentieren, im Fragen stellen, im Hineinversetzen und Verstehen zu werden, um schlussendlich die eigene Kombination aus Werkzeugen zu finden. Versuche deshalb, Dir das Folgende als dynamisches Projekt mit Dir selber vorzustellen. Meist braucht es Übung, denn kontroverse Dialoge können intensive und emotionale Prozesse sein - vor allem mit Menschen, die Dir nahe stehen. Wir beginnen beim Konzept einer starken, selbstbewussten Haltung. Das soll Dich und Deine Gefühle in den Mittelpunkt rücken, um Dich im Idealfall vor unnötiger Frustration zu bewahren. Die Idee ist dabei, dass Du Dir im Vorfeld eines Dialogs Gedanken über folgende Fragen machst, damit Du Dich während des Dialogs auf Dein Gegenüber konzentrieren kannst:

  • Was ist meine Motivation?

  • Was ist ein realistisches Ziel?

  • Welche Unterschiede liegen zwischen mir und meinem Gegenüber?

  • Wo liegen meine Grenzen?

Darauf folgen sechs Tipps für eine bessere Dialogführung, die dabei helfen können, Dir bewusst zu machen, was der jeweilige gemeinsame Dialog im positiven Sinne ausmacht. So könnt Ihr Euch im Verlauf des Gesprächs besser aufeinander einstellen. Denn um wirklich ein Umdenken bei Deinem Gegenüber anzuregen, braucht es eine wertschätzende Haltung gegenüber dieser Person, auch wenn Du die Emotionen, Erwartungen und Ängste erst einmal nicht verstehen kannst. Als letztes stellen wir Dir sieben Argumentationsmuster vor, die häufig in rechtspopulistischen Diskussionen benutzt werden. Diese sind trickreich aufgebaut, aber auch leicht zu widerlegen, wenn Dir die Struktur bewusst ist. Im Abschluss dieses Teils werden wir weitere rassistische Parolen dekonstruieren, damit Du auch damit im besten Falle umgehen kannst.

Noch ein Satz, bevor es losgeht: Mach Dir die Ungleichheit Eurer Mühen und Standpunkte bewusst, übernimm Dich nicht und vor allem: Pass auf Dich auf!

Sechs Tipps für einen besseren Dialog

Abwehrstrategien kennen als Werkzeug

Rassistische Parolen entkräften

Hier haben wir weitere rassistische Parolen gesammelt - inklusive einer Einordnung und beispielhafter Möglichkeiten, wie Du drauf reagieren kannst, wenn Dein*e Gesprächspartner*in sie verwendet. Dabei möchten wir Dich wissen lassen, dass wir uns schwer damit getan haben, diese Parolen aufzunehmen, da hinter jeder eine massive Abwertung von Menschen steht. Wir haben viel darüber gesprochen und nachgedacht, wie das am besten umgesetzt werden kann. Uns wäre es lieber, solche Aussagen zu vergessen und einfach auf starke Argumente und progressive Vorschläge zu bauen. So leicht ist das leider nicht. Diese Parolen legen es darauf an, Angst und Vorurteile zu schüren, und versuchen, dabei nicht auf einer sachlichen, sondern einer emotionalen Ebene zu landen. So haben sie schon längst in weiten Teilen der Dominanzgesellschaft einen etablierten Platz gefunden. Deswegen werden Dir sicher ein paar Parolen (im Wortlaut variabel) bekannt sein. Räume endgültig mit ihnen auf und nimm Deine Gesprächspartner*innen mit in den sachlichen Dialog!

Rassistische Parolen:

Teil B

KEIN MENSCH IST ILLEGAL

In der gesellschaftlichen Debatte über Migration kommt vor allem ein Thema zur Sprache und zwar, dass ‚wir‘ ein Problem mit ‚irregulärer‘ oder ‚illegaler Migration‘ haben. So gilt es schon seit langem in der gesellschaftlichen Wahrnehmung als Tatsache, dass Deutschland und die EU sich spätestens seit 2015 in der sogenannten ‚Flüchtlingskrise‘ befänden. Wie die ‚Flüchtlingskrise‘ und ‚illegale Migration‘ hierbei politisch inszeniert wurden, erläutern wir jetzt. 
Die Unterscheidung zwischen irregulärer (illegal) und regulärer Migration (legal) ist die Basis der europäischen und deutschen Migrationspolitik und des Konzepts des sogenannten ‚Migrationsmanagements‘. Aus diesem Politikansatz formulierte die EU drei Ziele für ihre Leitpolitik:  

  • Die gezielte Förderung ‚legaler Migration‘ von Menschen, die als wirtschaftliche Ressourcen (Humankapital) verstanden werden, und im öffentlichen Diskurs mit Begrifflichkeiten wie ‚Fachkräfte‘ oder ‚Hochqualifizierte‘ betitelt werden.

  • Die Regulierung der besonders schutzbedürftigen Asylsuchenden.

  • Kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen zur Kontrolle der sogenannten ‚Krise‘, die von der ‚illegalen Migration‘ ausgelöst wurde.

Ankommen unmöglich?!

Deutschland und die EU versuchen also mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, Menschen auf der Flucht ihr Recht auf Schutz zu verwehren. Und selbst wenn sie es schaffen, trotz allem in Deutschland einzureisen, macht die Bundesregierung es den Neuankommenden so schwer wie möglich, Fuß zu fassen. Denn im Fokus der großen Koalition (GroKo: Bündnis der beiden meist gewählten Parteien im Bundestag, in diesem Fall CDU/ CSU und SPD) steht nicht das Willkommenheißen von Neuankommenden. Vielmehr werden systematische Diskriminierung, Druck und Repression als Mittel herangezogen, um neuangekommende Menschen zum schnellstmöglichen Verlassen Deutschlands zu bewegen. Ihnen werden durch Gesetzgebung und Verwaltung Steine in den Weg gelegt, die ihnen das Ankommen in Deutschland und die Teilhabe in der Gesellschaft von Beginn an so schwer wie möglich machen. Es werden wesentlich weniger Schutzsuchende in Deutschland aufgenommen als politisch vereinbart wurde. Die GroKo hatte sich eigentlich auf einen sogenannten ‚Korridor für die Zuwanderung‘ geeinigt, der vorsieht, dass jedes Jahr zwischen 180.000 und 220.000 Neuankommende in Deutschland aufgenommen werden sollen. Nach Schätzungen von Pro Asyl kamen 2020 jedoch dreimal weniger Menschen nach Deutschland, als diese Vereinbarung vorsieht.