14.06.2021 · News:Willkürliches Urteil über die Moria 6

Obwohl keine*r der anwesenden Zeug*innen sie identifizieren konnte.

In einem unzulänglichen Prozess voller Unstimmigkeiten wurden heute vier jugendliche Angeklagte der Moria 6 zu einer Freiheitsstrafe von 10 Jahren verurteilt. Zwei mitangeklagte Minderjährige wurden bereits im März zu Gefängnisstrafen verurteilt, trotz mangelnder Beweise und einem von Unregelmäßigkeiten durchzogenen Gerichtsverfahren.

Der Prozess gestern und heute auf Chios fand unter Ausschluss von Öffentlichkeit, Presse und internationalen Beobachter*innen statt. Ein Antrag, den Prozess vor einem Jugendgericht zu führen, wurde abgelehnt, obwohl drei der vier Angeklagten nachweisbar minderjährig sind. Während des ersten Prozesstags gestern konnte keiner der 15 von der Staatsanwaltschaft aufgerufenen Zeug*innen die Beschuldigten identifizieren. Aussagen von entlastenden Zeug*innen wurden aggressiv infrage gestellt. Lediglich der Kronzeuge hatte behauptet, die Angeklagten erkennen zu können, doch er war nicht anwesend. Das Gericht akzeptierte seine schriftliche Aussage und basierte heute das Urteil darauf.

Die Berichterstattung lässt darauf schließen, dass ein anderer Ausgang bereits vor dem Prozess außer Frage stand. Der griechische Minister für Migration und Asyl erklärte nur eine Woche nach dem Brand im September 2020, dass “das Lager von sechs afghanischen Flüchtlingen in Brand gesetzt wurde, die verhaftet wurden”, was ihr Recht auf einen fairen Prozess unter der Unschuldsvermutung verletzt. Wieder einmal wurden geflüchtete Menschen in der „rechtsstaatlichen“ EU willkürlich verurteilt - als symbolische Sündenböcke einer rassistischen Abschottungspolitik.

Wir solidarisieren uns mit den Moria 6 und stehen gegen die Kriminalisierung von Flucht! Menschenrechte sind #unverhandelbar!

Foto: EPA