09.02.2023 · Pressemitteilung:EU-Migrationgipfel: Keine Milliarden für Menschenrechtsverletzungen! Stoppt den EU-Türkei-Deal!

Am 09. und 10. Februar treffen sich die 27 Staats- und Regierungschefs der EU unter schwedischer Ratspräsidentschaft zu einem Sondergipfel in Brüssel. Auf Druck der rechten Regierungskoalition um Ministerpräsident Ulf Kristersson und der rechtsextremen Schwedendemokraten wird die vermeintliche Sicherung der europäischen Außengrenzen ein weiteres Mal auf die Agenda der Europäischen Union gesetzt. In einem gemeinsamen Schreiben drängen die Regierungschefs acht weiterer europäischer Staaten unter der Führung des rechten österreichischen Kanzlers Karl Nehammer auf eine Einigung über eine striktere Migrations- und Asylpolitik.
Vor Beginn des Gipfels zeigt sich deutlich, dass die europäischen Staats- und Regierungschefs planen, Abschottung, Abschiebungen und Externalisierungspraktiken unter dem Deckmantel europäischer Werte weiter auszubauen.
 
Seit Jahren weisen Migrationsforscher*innnen jedoch immer wieder darauf hin, dass diese repressive Migrationspolitik die grundsätzlichen Herausforderungen der globalen Flucht- und Migrationsbewegungen nicht ansatzweise lösen kann. Stattdessen wird das Leid fliehender Menschen weiter verschärft und wissentlich in Kauf genommen.
Ein Bündnis aus Seebrücke, Balkanbrücke, SOS Balkanroute und weiteren Organisation fordert die europäischen Staats- und Regierungschefs deshalb auf, die Gewaltspirale zu beenden, sichere Fluchtwege zu schaffen und allen Menschen auf der Flucht ihr Recht auf Asyl zu gewähren.

Dazu Jan Behrends von der Seebrücke: „Während täglich Menschen an den Grenzen Europas sterben, schottet sich die EU immer weiter ab. Weltweit sind so viele Menschen wie nie zuvor auf der Flucht. Anstatt sichere Fluchtwege zu gewähren und Menschen vor dem Tod zu schützen, werden EU-Mitgliedsstaaten wie Kroatien und Partner wie die Türkei für systematische Menschenrechtsverletzungen belohnt."

Beispielhaft für diese Fehlentwicklung der europäischen Migrationspolitik steht der sogenannte EU-Türkei-Deal, über welchen ebenfalls auf dem heutigen Gipfel gesprochen werden wird. Im März läuft die Finanzierung des Abkommens zwischen der EU und der Türkei nach sieben Jahren aus – sieben Jahre, in denen die EU das autokratische Regime in der Türkei mit Milliarden von Euro unterstützte und damit systematische Menschenrechtsverletzungen an der europäischen Außengrenze und in Nordkurdistan finanzierte und normalisierte. Der EU-Türkei-Deal steht damit für das Scheitern einer gemeinsamen europäischen Migrationspolitik und für ein System, das Gewalt als Abschreckung billigend in Kauf nimmt.

„In den vergangenen Jahren hat sich deutlich gezeigt, dass es beim sogenannten EU-Türkei-Deal vor allem darum ging, die Verantwortung für Menschen auf der Flucht abzugeben. Dabei wurden jegliche menschenrechtlichen Prinzipien missachtet. Folge dieses Deals ist mehr Abschottung durch unmenschliche Lager, Pushbacks, und die Blockierung fairer Asylverfahren. Daher sagen wir ganz klar: Dieser Deal muss enden! Kein Geld für Menschenrechtsverletzungen! Stattdessen fordern wir sichere und legale Fluchtwege und eine menschenrechtsbasierte europäische Migrationspolitik" sagt Magdalena Hartung von der Initiative Balkanbrücke.

Anlässlich des siebten Jahrestages des EU-Türkei-Deals ruft ein breites Bündnis aus verschiedenen Organisationen und Bewegungen unter dem Slogan „No more EU-Turkey-Deal – Human Rights are not for sale" zum 18. März 2023 zu europaweiten Protesten gegen die externalisierten Menschenrechtsverletzungen und systematischen Abschiebungen auf.
 
Dazu Petar Rosandic von der SOS Balkanroute:
„Wir stellen uns ganz klar gegen eine Neuauflage dieses schmutzigen Deals, gegen jegliche Formen der Abschiebung in die Türkei und die illegalen Pushbacks!  Die EU verstößt mit diesen Praktiken gegen geltendes nationales und internationales Recht. Asyl ist ein Menschenrecht! Die Kriminalisierung von fliehenden Menschen und ihren Unterstützer*innen muss sofort aufhören. Wir fordern ein sofortiges Ende dieser Politik der systematischen Gewalt gegen fliehende Menschen und des institutionalisierten Rechtsbruches. No More EU-Turkey-Deal! Human rights are not for sale!"

Die Seebrücke ist eine breite zivilgesellschaftliche und  antirassistische Bewegung, die sich für die zivile Seenotrettung, für  sichere Fluchtwege und für die Aufnahme und das Bleiberecht von geflüchteten Menschen in Deutschland und der Europäischen Union einsetzt.